In dir ist Freude

Uwe Komischke, Trompete, und Thorsten Pech, Orgel

Gestern durfte ich wieder ein Konzert im Münster zu Bad Doberan erleben. Mit Uwe Komischke, Trompete und Corno da caccia, und Thorsten Pech, Orgel, präsentierten sich zwei Meister ihres Fachs. „In dir ist Freude“ titelte das Programm und nahm damit Bezug auf das letzte Stück des Programms, eine Komposition von Thorsten Pech zu dem gleichnamigen Choral, mit Variationen.

Das Programm war so angelegt, dass Uwe Komischke immer wieder eine Pause zugebilligt wurde. Ein über das andere Mal kam die Orgel allein zu Gehör. Bei dieser Gelegenheit eine kleine Korrektur zu meinem letzten Bericht. Es gab doch keine räumliche Trennung zwischen dem Spieltisch und dem Pfeifenwerk (siehe mein vorhergehender Konzertbericht). Da war ich einem Trugschluss aufgesessen.

Ich hatte mich aus der Erfahrung des Domspatzenkonzertes heraus wieder so gesetzt, dass ich die Akteure bzw. die Orgel nicht sah. Das war gut so.

Zur „Halbzeit“ des Konzertes spielte Pech ein Gloria von Max Reger, dass der Meister selbst in aller Bescheidenheit als „Orgelstück“ eingeordnet hat. Es war eine beeindruckende Komposition, der Thorsten Pech mit seiner Spielkultur voll gerecht wurde.

Das Zusammenspiel von Pech und Komischke ließ erkennen, dass beide schon lange zusammenarbeiten. Sie traten als gleichberechtigte Partner auf, die genau wussten, wo sie dem jeweils anderen Raum lassen mussten. Wie zu erwarten, hatte keiner der beiden irgendein Problem mit seinem Instrument und das Musikalische (Tempi, Dynamik, die Registrierung der Orgel …) stimmte hundertprozentig, soweit ich das beurteilen kann. Davon war nicht nur ich allein überzeugt, das sah ich auch in den Gesichtern der anderen Zuhörer, die mir zugewandt in den gegenüberliegenden Bänken saßen. Ich denke, dass ganze Konzert hätte man bedenkenlos so auf CD pressen können.

Für mich passte übrigens der Klang des Corno da caccia, von Uwe Komischke samtweich geblasen, besser in die Akustik der Kirche als die (sicherlich ebenfalls gut gespielte) Trompete.

Beide sind übrigens fast gleich alt, Pech geb. 1960 in Wuppertal und Komischke geb. 1961 in der Nähe Wuppertals, in Schwelm.

Am Ende gab es eine kurze Zugabe. Die beiden wechselten dazu den Standort, begaben sich in den Altarraum. Pech spielte die kleine Truhenorgel, die ich aus dem Konzert mit der Barockoboe noch in guter Erinnerung hatte. Und ich meinte zu glauben, dass von hier aus die Trompete raumfüllender und noch präsenter als von der Orgelempore aus klang.

Beim Verlassen der Kirche konnte ich einen Blick auf die beiden Künstler werfen. Pechs Erscheinung ließ nicht unbedingt erahnen, welche musikalische Intelligenz in ihm steckt. Er mag es mir nachsehen. Bestimmt korrigiert sich dieses Bild, wenn ich ihn irgendwann mal aktiv vor seinem Düsseldorfer Chor erlebe.

Wenn er aus seinem Chor so viel herausholt wie aus einer Orgel, dann ….

Komischke wirkte auf mich – in dem Moment – sehr zurückhaltend und auch ein klein wenig streng, ganz anders als es sein Trompetenspiel erwarten ließ. Ein Gesprächsfetzen, den ich im Vorübergehen auffing, bestärkte meinen Eindruck.

Aber das für mich wichtigste an diesem Konzert passierte zu Anfang des Konzertes, bevor überhaupt der erste Ton erklang. Ein Mann, der offensichtlich zur evangelischen Münster-Kirchengemeinde gehörte, begrüßte über ein Mikrofon das Publikum und nutze die Gelegenheit, eine kurze Botschaft zu überbringen. „In dir ist Freude, in allem Leide.“ Er riss diese Liedzeile bewusst aus dem Zusammenhang des Gesangbuchverses heraus und stellte sie als isolierte Aussage in den Raum. „Erfreut euch eines solchen Konzertes und anderer schönen Dinge, auch wenn es euch nicht gut gehen mag.“ So hat er es wörtlich nicht gesagt, aber so habe ich ihn verstanden. Und ich ergänze: „Musik tröstet.“

Draußen konnte man nach dem Konzert bei einem trockenen Weißwein noch ein wenig den Gedanken nachgehen.

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