Ein Läuferleben: Jeder Kilometer war auf seine Weise schön!

Geschrieben am 6. April 2020

1984, ein Jahr vor der Gründung der Lauffreunde Bönen, begann ich mit dem Laufsport, damals beim Lauftreff des TV Deutsche Treue Wiescherhöfen. Vorher war ich sportlich absolut inaktiv. Für Ballsportarten hatte ich kein Talent (für Tischtennis vielleicht ein klein wenig) und für technische Sportarten erst recht nicht. Ich wusste nur, „du musst etwas tun, wenn du als Schreibtischarbeiter nicht verfetten willst“.

Am 5. November 1986 nahm ich an meinem ersten Wettkampf teil, in Hamm. Damals gab es noch den Allerheiligenlauf, ausgerichtet von der TuS 01 Heessen und dem LAZ Hamm. Den 10 km-Lauf beendete ich nach 52:57 Min., im Teilnehmerfeld fast ganz hinten liegend. Gelaufen bin ich dort in einem Trainingsanzug aus Baumwolle, der später durch einen Anzug aus Ballonseide abgelöst wurde. Es war halt die Zeit … Gut, dass sie schnell vorbeiging.

Seitdem bin ich runde 68.000 km gelaufen und habe an 323 Wettkämpfen teilgenommen.

Am 12. September 1987 bin ich in Fröndenberg über die 10 km unter der Marke von 50 Min. geblieben, und zwar deutlich mit 48:44 Min.

Die andere wesentliche Marke von 40 Min. habe ich jedoch nie unterboten. Am 30. Januar 1993 bin ich ihr bei der Hammer Laufserie recht nahegekommen. Die Uhr blieb für mich im Ziel bei 40:05 Min. stehen. Ein Aktiver, der bei 39:59 Min. ins Ziel gekommen wäre, hätte knapp 25 Meter vor mir gelegen. Im Nachhinein betrachtet: Das ist schon ein deutlicher Vorsprung.

Meinen ersten Marathon beendete ich am 24 September 1988 in Duisburg nach 3:40:43 Std., damals mit einer Uhr am Handgelenk, die noch Zeiger hatte. Uhren mit einem Speicher für Zwischenzeiten gab es noch nicht oder waren noch nicht erschwinglich. Von GPS wurde noch nicht einmal geträumt. Das hätte man im Falle eines solchen Traumes der Science-Fiction zugeordnet. Den Lauf bin ich von Anfang bis Ende zusammen mit meinem damaligen Trainingspartner und Laufreund Herbert Jochim gelaufen, den ich beim Lauftreff in Wiescherhöfen kennen gelernt hatte.

Herbert war es, der mich in Duisburg an den Start gebracht hatte. Er wollte unbedingt dort laufen, für mich war das „noch zu früh“. Aber gut drei Wochen vor dem Lauf stellte ich fest, dass ich das gleiche Trainingspensum absolviert hatte wie er. Und dann traf ich die Entscheidung: „Ich laufe mit“. Vor dem Start fand noch ein Gesundheitscheck bei meinem Hausarzt statt.

Herbert und ich haben anschließend lange Jahre noch viele, viele Kilometer gemeinsam trainiert und sind gemeinsam zu Wettkämpfen gefahren. Im Grunde waren wir zwei ganz unterschiedliche Typen, aber das spielte auf der Laufstrecke überhaupt keine Rolle. Er mochte ACDC, ich die Beatles und Pink Floyd und erst recht sakrale Musik. Irgendwann trennten sich unser Wege. Herbert ist mittlerweile leider verstorben. Es war eine schöne Zeit mit ihm.

Neben Herbert gab es natürlich viele, viele andere Menschen, mit denen ich viele, viele Kilometer geteilt habe. Ich könnte viele Namen nennen und Anekdoten erzählen. Das mache ich vielleicht später einmal, wenn ich diesen Bericht weiter vervollständige (wozu ich im Augenblick schon Lust hätte).

Stadt, Land, Fluss – so charakterisierte ich damals die Marathonstrecke in Duisburg. Es war von allem etwas dabei, in vielen Stadtteilen hatte man Feste organisiert.

„Jeder Kilometer war auf seine Weise schön“. So hat eine Lauffreundin – sie heißt Barbara Baur – vor ihre Erfahrungen bei ihrem ersten Marathon (am Essener Baldeneysee) zusammengefasst. Dieser Satz hat mich elektrisiert. Ich kann ihn vorbehaltlos auf meinen ersten Marathon und auf viele andere Wettkämpfe und Trainingsläufe übertragen.

Am 1. Januar 1993 trat ich dann den Lauffreunden Bönen bei. Man kannte sich schon vorher, es gab Kontakte bei dem einen oder anderen Wettkampf. Man sah sich oft auf der Trainingsstrecke. Die Bönener liefen damals von Bönen Richtung Wiescherhöfen und wir in die entgegengesetzte Richtung. Ich wurde herzlich aufgenommen.

Das Jahr 1993 war auch das Jahr, in dem ich neben meiner Bestzeit über 10 km mit 40:05 Min. meine 15-km Bestzeit mit 1:01:48 Std. und meine Halbmarathonbestzeit mit 1:29:37 Std. lief. Diese Zeiten lief ich im Abstand von 14 Tagen bei der Hammer Laufserie. Es taucht übrigens hin und wieder die Behauptung auf (oder ist es sogar eine Erfahrung?), dass die Addition der Zeiten der Hammer Laufserie einer realistische Marathonzeit nahekommt. Meiner addierten Zeit der Hammer Laufserie von 3:11:30 Std. in 1993 steht eine Marathonzeit von 3:12:48 Std., gelaufen 8 Monate später am Essener Baldeneysee, gegenüber.

Meinen schnellsten Marathon lief ich dann am 22. Oktober 1995 mit 3:07:41 Std., wiederum am Baldeneysee. Die Zeit entsprach einem Kilometerschnitt von 4:26,8 Min.

Gerade einmal zwei Monate vorher war ich beim Bönener 10 km-Citylauf am Start, den die Lauffreunde wenige Male ausgerichtet haben. Damals lief ich einen Kilometerschnitt von 4:26,7 Min., kam ausgepumpt ins Ziel und dachte voller Schrecken an den geplanten Herbstmarathon. Es sollte anders kommen.

An dieser Stelle sei mir eine Einordnung meiner Marathonbestzeit erlaubt. Es gab damals jemanden in Deutschland, der alle greifbaren Marathonergebnislisten auswertete und die Jahresbestzeiten aller deutschen Marathonläuferinnen und –läufer darstellte. Ich lag im Jahre 1995 so ungefähr auf Platz 8.000 von 50.000 Frauen und Männern. Mir sind nur die runden Zahlen in Erinnerung geblieben.

Einen 5 km-Wettkampf bin ich übrigens nie gelaufen. Das war nicht meine Strecke. Da musste ja alles fürchterlich schnell gehen. Wen wundert es dann auch, wenn ich feststelle, dass mir Tempotraining auch nie lag. Wettkämpfe, die waren mein Tempotraining. Die Startnummer auf der Brust wirkte wie ein Dopingmittel. Aber bei mir wäre jede Dopingprobe negativ ausgefallen.

Den Marathon am Baldeneysee habe ich jetzt schon mehrfach erwähnt. Es gibt eine zweite Marathonstrecke, die mir besonders lag, die alte „Steinfurt-Strecke“. Es war ein Drei-Runden-Kurs a 14 km und wenigen Restmetern.

Essen und Steinfurt hatten mehreres gemeinsam. Es sind beide Landschaftsläufe, der eine an einem schönen See, der andere durch die schöne Musterländer Landschaft. Der eine fand im Herbst und der andere im Frühjahr statt, beides Jahreszeiten mit in der Regel gemäßigten Temperaturen. Und beide hatten damals eine Teilnehmerzahl so um die Tausend. Das war so viel, dass man auf der Strecke nie allein war, und es war so wenig, dass man immer Raum für sich hatte.

Ich denke voller Schrecken an den Berlin-Marathon 1999. Die Strecke war so voll, dass ich erst nach 15 km einigermaßen frei laufen konnte. Die Ergebnisliste wies 30.742 Finisher aus.

Auch beim ersten Marathon durch das Brandenburger Tor war ich dabei. Es war mit einer Zeit von 4:10:46 Std. mein langsamster Marathon, und mein schwerster. Mein schnellster Marathon war übrigens mein leichtester. Das ist schnell erklärt. Bei dem einen war ich falsch und bei dem anderen richtig vorbereitet.

Zum Berlin-Marathon noch folgendes: Wenn es irgendwie passt, schaue ich mir schon mal die jeweilige Live-Fernsehübertragung an. Es wird da regelmäßig von einer Million Menschen an der Strecke gesprochen. Ein Marathon ist 42.192 m lang. Platz für Zuschauer ist auf zwei Seiten. Das ergibt 84.3284 m. X/Y = Z. Also hätten auf jedem Meter rechts und links gerundet 12 Menschen stehen müssen. Da stimmt etwas nicht.

Ich will meine 323 Wettkämpfe noch einmal kurz aufdröseln. Dabei sind 132 10 km-Läufe, 47 15 km-Läufe, sechs 20 km-Läufe, 62 Halbmarathons, sechs 25 km-Läufe, sieben 30 km-Läufe und 23 Marathonläufe. Hinzu kommt ein Lauf über 40,6 km, der ein Marathon hätte sein sollen, und drei Starts bei einem Lauf mit 43,1 km, der als „Marathon“ ausgeschrieben war. Mein längster Lauf ging über 66,5 km. Der Rest sind krumme bis ganz krumme Distanzen. Den Grund, warum kein 5 km-Lauf dabei ist, habe ich schon genannt.

Was ist ein Lauf, der ein Marathon hätte werden sollen? Es war der Oberelbe-Marathon am 22. September 2001. Der Start war in Königsstein in der Sächsischen Schweiz. Das Ziel lag in Dresden. Es ging immer links der Elbe entlang. In Pirna hätten wir die Elbe verlassen und eine Schleife durch die Stadt laufen sollen. Das wusste aber der eingeteilte Streckenposten nicht. Das war‘s …

Ein Marathon mit 43,1 km, den gab es beim Rennsteiglauf. Der Start war in Neuhaus am Rennweg, das Ziel lag in Schmiedefeld, dem Zielort der diversen Wettbewerbe, die der Rennsteiglauf bietet. Das Gemeine war, die letzten 900 m, um die die Strecke länger war als ein Marathon, gingen zu einem großen Teil heftig bergauf. Aber dafür ging es an anderen Stellen auch heftig bergab.

Das Besondere an diesem Lauf: Am Start erklang regelmäßig aus tausenden Kehlen der Schneewalzer. „Denn im Schnee, Schnee, Schnee, Schneewalzer tanzten wir, Du mit mir, ich mit Dir.“ Musik ist immer auch eine Sache des Augenblicks. Wenn sie zum Augenblick passt, ist alles gut. Und sage mir einer, er könne nicht singen.

Heute hat man übrigens die Streckenlänge dem Marathon angeglichen. Sie ist mit 42,2 km angegeben. Wesentlich leichter wird der Lauf dadurch nicht.

66,5 km, die bin ich auch am Rennsteig gelaufen. Start war an der Hohen Sonne oberhalb Eisenachs, morgens um 6 Uhr. Das Ziel lag in Schmiedefeld. Es war am 18. Mai 1996. Meine Zeit: 7:13:27 Std. Auch hier gilt: Jeder Kilometer war auf seine Weise schön.

Rennsteiglauf 1995

Ich habe mich vorher und nachher in meinem Leben noch nie so lange ausschließlich einer einzigen Tätigkeit gewidmet. Gelaufen bin ich vom Anfang bis zum Ende zusammen mit Günter Dresp aus Holzwickede. Michael Westerhoff, unser damaliger Pfarrer in Wiescherhöfen, war uns voraus. Das war auch so verabredet.

Günter war bergab immer ein klein wenig schneller als ich, weil er wendiger war. Aber es gab die Vereinbarung, dass wir bergauf wieder zusammenkamen. Das hat wunderbar funktioniert. Zum Ende des Laufes hatte ich das Gefühl, dass ich ein wenig schneller hätte sein können, aber ich bin bei Günter geblieben. Ob 7:11 Std. oder 7:13 Std.? Das macht keinen Unterschied.

An einem 100 km-Lauf habe ich nie teilgenommen. Ich bin jedoch in meinem Innersten davon überzeugt, an diesem 18. Mai hätte ich ihn auch geschafft, auf einer flachen Strecke mit der gleich guten Verpflegung wie am Rennsteig. Aber es heißt zu recht: Hätte, hätte … Den Satz brauche ich nicht zu vollenden.

Zu meiner Vereinsarbeit

Ich habe irgendwann zu Beginn dieses Jahrtausends – den genauen Zeitpunkt weiß ich nicht mehr – von Karl-Heinz Brock die Aufgabe des Laufwartes der Lauffreunde Bönen übernommen. Dessen Vorgänger, das sei an dieser Stelle erwähnt, war Manfred Engel, der diese Funktion lange Jahre innehatte und dem viele Verdienste zufallen.

Eine „Stellenbeschreibung“ für den Laufwart gab es natürlich nicht. Mir war zu Anfang daher nicht so ganz klar, was da alles so auf mich zukam. Im Nachhinein habe ich dann hautnah erlebt, dass eine Funktion nicht statisch sein muss. Sie wird oft – auch im Verein – zu dem, was man aus ihr macht.

Eine meine Aufgaben war es, die Aktiven der Lauffreunde zu diversen Wettkämpfen anzumelden. Dafür hatte ich sogar ein eigenes Startgeld-Budget. Und ich hatte Statistik zu führen über die Ergebnisse, die die Lauffreunde bei diesen Wettkämpfen erreichten.

Dann gab es da den sportlichen Jahresrückblick, den der Laufwart regelmäßig abzuliefern hatte, zunächst als eigene Veranstaltung, später dann im Anschluss an die obligatorische Mitgliederversammlung. Das war für mich eine Herausforderung. PowerPoint gab es schon von Beginn meiner Tätigkeit an. Folien mit Ergebnissen und Wertungen wurden produziert. Aber sie waren auch zu kommentieren.

Das war für mich zunächst eine große Herausforderung. Frei reden??? Auf meinen ersten Jahresrückblick versuchte ich mich penibel vorzubereiten. Aber der Sprechzettel wurde schnell zur Seite gelegt und es galt das gesprochene Wort. Ich merkte, dass das ging, wenn ich bereit war, nicht jeden Satz auf die Goldwaage zu legen. Später ging ich recht unbeschwert in diese jährliche Veranstaltung hinein. Ich kam an, das spürte ich. Auch aus dem Plenum holt keiner die Goldwaage aus der Tasche (Na gut, so gut wie fast keiner).

Den Schritt vom „Statistiker“ zum Pressewart und wenig später zum Webmaster lag sehr nahe, war nahezu zwangsläufig. Zu Anfang lief die Pressearbeit noch „analog“ ab. Ich ging zur Sportredaktion des Westfälischen Anzeigers und holte mir Filmmaterial ab, das ich dann nach dem jeweiligen Laufwochenende mehr oder weniger gut belichtet zur Entwicklung wieder abgab, zusammen mit dem, was es zu berichten gab, mehr oder weniger gut formuliert.

Die elektronische Kommunikation steckte noch in den Anfängen, entwickelte sich aber rasant. Der Verein „gönnte“ mir für die Pressearbeit eine Digitalkamera. Ich meinerseits „gönnte“ dem Verein eine erste Webseite, noch bunt und voller überflüssiger Effekte. Das wurde nach und nach besser.

Das alles geschah innerhalb weniger Monate. Der Presse wurde per E-Mail zugearbeitet. Parallel baute ich für die vereinsinterne Kommunikation einen E-Mail-Verteiler auf.

Heute halten E-Mail und Webseite mit dem Tempo der Zeit kaum mehr mit. Man kontaktiert und informiert sich im Verein nahezu in Echtzeit über die sozialen Medien und über WhatsApp.

Zurück zu den Anfängen. Ganz schnell wurde ich auch in die Organisation des Laufes „Rund um Flierich“ einbezogen, der Jahre später zum „Lauf am Förderturm“ wurde.

Hier war es zunächst meine Aufgabe, die Anmeldungen zum Lauf entgegenzunehmen. Die Anmeldung erfolgte per Post oder per Telefon. Das war aber auch nur eine kurze Episode. Kaum waren die Lauffreunde online, nahm die Anmeldung per E-Mail schnell einen breiten Raum ein. Größere Gruppen schickten eine vorformatierte Excel-Liste. Dann entwickelte Andreas Püttmann ein datenbankbasiertes Anmeldetool für unsere Webseite. Die Excel-Liste hatte aber nach wie vor Bestand, sie war einfach in die Datenbank zu importieren. Und in einem nächsten Schritt folgte der „Urkundendruck online“.

Vieles lief also schon elektronisch, nur die Laufzeiten wurden noch per Knopfdruck gestoppt und die Einlaufreihenfolge der Läuferinnen und Läufer per Hand aufgeschrieben. Diese Form der Zeiterfassung kommt ohne Zielkanal nicht aus, vorne wird gestoppt, hinten geschrieben. Wenn dann jemand zwischendurch den Zielkanal verließ, war alles durcheinander.

Wir mussten unbedingt den Wechsel zur Zeiterfassung per Chip wagen. Es gab da einen ganz banalen Grund. Viele Läuferinnen und Läufer waren an die elektronische Zeiterfassung gewöhnt, kannten keinen Zielkanal mehr. Sie liefen ins Ziel und dachten, das war‘s. Bei ganz vielen anderen Laufveranstaltungen war das ja auch so. Disziplin im Zielkanal war ihnen fremd. Das ist aber kein Vorwurf, denn es war ja auch Euphorie im Spiel.

Seit dem Ersten 6-Stunden-Lauf im Juli 2018, von Michael Klein initiiert und organisiert, setzen wir auf ein „Rund-um-digital-Paket“ von der Anmeldung über die Zeiterfassung bis zur Ergebnispräsentation in Echtzeit – wenn das WLAN im Förderturm mitmacht. Für dieses Paket zeichne ich aber nicht mehr verantwortlich. Das Verdienst, dass es gut läuft, kommt Jan-Philipp Struck zu. Wäre ich ein klein wenig jünger, würde ich ihm sicherlich über die Schulter schauen und die Abläufe mitverfolgen.

Anmeldung, Zeiterfassung und Ergebnispräsentation sind bei einer Laufveranstaltung nicht alles. Es gibt vieles zu organisieren. Das alles aufzuzählen, ginge hier zu weit. Ich entwickelte eine To-Do-Liste, die nach und nach auf über 150 Punkte angewuchs. Für ihre Umsetzung zeichnete ein großes Team der Lauffreunde verantwortlich.

Mein Anteil an der Organisationsarbeit in den letzten 20 Jahren entspricht einer Kurve, die zu Anfang flach verläuft, dann ansteigt und am Ende wieder deutlich flacher wurde

Es gab dann noch kleinere Aufgaben, die mir zufielen, wie zum Beispiel die Organisation der Vereinsmeisterschaft oder der Kontakt zum Leichtathletikverband.

Es begann dann die Zeiet, meine Vereinsarbeit zurückzufahren. Man schaue auf mein Geburtsjahr.

Eine deutliche Entlastung habe ich zunächst durch Peter Bollwig erfahren, der sich um die Anmeldung der Lauffreundinnen und Lauffreunde bei den Läufen hier in der Umgebung kümmert. Mit den sozialen Medien kannten sich Thorsten Buchholz und Jan-Philipp Struck besser aus.

Der Sechs-Stunden-Lauf liegt in den Händen von Michael Klein. Es ist sein „Produkt“. Hier habe ich mich von vornherein zurückgenommen und kümmere mich nur um die Genehmigung durch den Leichtathletikverband und um den „offiziellen“ Veranstaltungsbericht für den Verband und – beinahe hätte ich es vergessen – um die Präsentation der Veranstaltung auf unserer Webseite.

Im Jahre 2021 war es dann so weit. Ich habe den Verein darum gebeten, mich von der Präsenzpflicht beim Lauf am Förderturm zu entbinden. Ich stand noch Vielleicht stehe ich noch als Streckenposten am Wendepunkt kurz vor der Derner Straße in Kamen-Heeren zur Verfügung. Das Wetter ließ es zu.

Aber um das, was ich am Schreibtisch oder besser am PC noch für die Lauffreunde tun kann, habe ich mich weiter gekümmert.

Insbesondere die Pressearbeit, die Statistik und der Jahresrückblick lagen mir sehr am Herzen. Für letzteren habe ich den Schreibtisch auch noch einmal verlassen.

Das hat seine guten Gründe. Im Laufe meines Sportlerlebens sind viele Menschen zu den Lauffreunden Bönen gestoßen und geblieben (natürlich nicht alle, das wäre ja auch des Guten zu viel). Sie sind mit der gleichen Begeisterung bei der Sache wie ich früher.

Vieles, fast alles, was sie erleben, ist eine exakte Blaupause dessen, was ich erlebt habe. Nur trägt man heute keine Ballonseide mehr. Sie berichten in ähnlichen Worten wie ich früher über ihre Begeisterung für den Ausdauersport. Sie erfreuen sich des Individualsports Laufen, der in der Gruppe erst recht Spaß macht. Dank der sozialen Medien und WhatsApp bekomme ich das sehr hautnah mit.

Mein Resümee, mit anderer Leute Worten:

Der japanische Schriftsteller und Marathonläufer Haruki Murakami hat auf die Frage, was ihn das Laufen gelehrt habe, geantwortet: Die Gewissheit, dass ich es ins Ziel schaffe. 

Er sagt weiter: Vom Laufen habe ich gelernt, meinen Fähigkeiten zu vertrauen. Ich habe gelernt, wie viel ich mir zumuten darf, wann ich eine Pause brauche und wann die Pause zu lang ist. 

Seine, aber auch die anderer Menschen Erfahrung ist die: Wenn ich laufe, leert sich mein Geist.

Katharina Krähling, Lauffreundin seit dem 1. Mai 2018, hat es etwas anders formuliert: Beim Laufen kann ich über alles oder nix nachdenken, es ist die perfekte „meine Zeit“.

Emil Zatopek, ein guter 5.000 m-Läufer der 1950er Jahre, hat sein „Laufen wollen“ kurz und knapp begründet: Vogel fliegt, Fisch schwimmt, Mensch läuft.

Es gibt darüber hinaus noch ein paar bemerkenswerte Zitate, die ich gerne wiedergebe:

  • Hans Fabian, Gründungsmitglied der Lauffreunde: Laufen is schoin!
  • Thorsten Buchholz, Lauffreund ebenfalls seit dem 1. Mai 2018: Mein Ziel bei jedem Lauf ist es nicht aufzugeben, anzukommen und Spaß zu haben!
  • Manfred Engel, erster Laufwart der Lauffreunde: Auch ein Halbmarathon will ganz gelaufen werden.
  • Michael Klein, Übungsleiter und Trainer der Laufreunde: Nicht die Strecke, sondern das Tempo tötet.
  • Von unbekannt: Ausdauer fängt dort an, wo die Bequemlichkeit aufhört.

Zur Klarstellung: Natürlich war nicht jeder Kilometer in meinem Leben schön. Es gab auch einige wenige andere. Aber um Kilometer als schön einzuordnen zu können, bedarf es auch anderer Erfahrungen.

Da ich, bedingt durch meine Parkinson-Erkrankung, weder joggen noch walken kann, habe ich mich neu orientiert. Tischtennis ist in mein Leben getreten. Dazu berichte ich an anderer Stelle.

Hier der Auszug aus einer E-Mail vom 2. Januar 2024 an Thorsten Buchholz, der im Verlaufe der Corona-Pandemie meine Aufgaben bei den Lauffreunden Bönen übernommen hat.

Es hat dich sicherlich verwundert oder vielleicht auch nachdenklich gemacht, dass ich in der Versenkung verschwunden bin. Aber das hat nichts mit dir und den Lauffreunden zu tun. Ich kann leider nicht mehr laufen. Und anderen beim Laufen zuzuschauen bzw. ihren Gesprächen über das Laufen zu folgen, fällt mir sehr schwer. Ich habe es eine Zeitlang versucht aber es tat mir nicht gut.

Aber so langsam wird das besser. Denn für mich hat sich ein ganz anderes sportliches Feld eröffnet. Ich spiele seit einem dreiviertel Jahr mit Begeisterung und mit persönlichen Erfolgserlebnissen Tischtennis. Mit dem Tischtennisschläger in der Hand und an der Platte stehend mache ich Bewegungen, die im Alltag nicht denkbar sind. Die Bewegungsmuster aus der Jugendzeit waren übrigens irgendwie noch auf der Festplatte gespeichert.

Ein Unnaer Tischtennisclub hat nicht nur mich, sondern auch andere Mitglieder unserer Selbsthilfegruppe mit offenen Armen aufgenommen und sieht in uns sogar eine Bereicherung für den Verein. Meine Frau macht auch mit, und wir haben mittlerweile auch zu Hause eine Platte stehen.

Irgendwie mache ich auch die Erfahrung, dass sich meine Muskeln noch an die Ausdauerleistung früherer Jahre zu erinnern scheinen. Ich kann eine lange Zeit an der Platte agieren (wenn auch nicht auf einem besonderen Niveau), ohne dass ich müde werde. Ganz zu Anfang hatte ich mal einen Muskelkater. Aber es war schön, endlich einmal wieder die Muskeln zu spüren.

Meine Beweglichkeit hat sich deutlich verbessert. Ich merke es nicht nur im Spiel, sondern allein schon dann, wenn ich Bälle aufheben muss. Ich habe auch schon einmal an einen Parkinson-Tischtennis-Turnier teilgenommen. Von 10 Teilnehmern wurde ich Siebter. Gespielt wurde nach dem Modus „Jeder gegen jeden“. Für jeden waren das neun Spiele.

Aber zurück zu den Lauffreunden, die ich nicht vergessen habe und nie vergessen werde.

Der Tod Michaels war ein Schock. Ihr habt euch tags zuvor noch gesehen, und dann war er plötzlich nicht mehr da. Eigentlich ist das unvorstellbar. Die Lücke, die er hinterlässt, lässt sich nicht schließen. Aber man muss auch in seinem Sinne weitermachen.

Michael Klein ist am 24.11.2023 plötzlich und unerwartet verstorben.

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