Beim Laufen auf Teneriffa – Schulterbruch

21. Januar 2014

Ja, liebe Freunde. Eigentlich wollte ich andere Urlaubsfotos von Teneriffa veröffentlichen, aber es kam alles ganz anders. Bei einem Läufchen am Meer Richtung Puerto de la Cruz knapp 48 Stunden nach unserer Ankunft auf Teneriffa holte es mich bei km 7 von den Beinen, voll auf die linke Schulter. Einige hilfsbereite Spanier halfen mir hoch. Mir war danach aber schon klar, das war es mit dem unbeschwerten Urlaub.

Zurück ins Hotel, mit Hilfe von Andrea schnell geduscht, ab mit dem Taxi in das Hospiten Bellevue, alles unter einer Stunde ‚(was will der Läufer mehr). Warum Bellevue, das erfuhr ich später. Ein Teil der Zimmer hatte Ausblick auf den Teide, der andere auf den Atlantik. Auf der Wartebank in der Ambulanz (es ging zu wie in einer amerikanischen Vorabendserie) wurde uns dann klar, mit unsrem spanisch kommen wir nicht weit. Si, no, dos Cervezza, das war unser aktueller Wortschatz. Ein Blick ins Wörterbuch erweiterte unseren diesen sofort um 100 %: Jogging = footing, caida = Sturz, Schulter = hombre. Im Laufe des Tages kam noch das Wort dolor = Schmerz hinzu. Das Röntgenbild war schnell gemacht. In der Radiologie war ich für das Klinikpersonal sofort „die Schulter“. Ich konnte ich selbst interpretieren, da waren Knochen nicht mehr zusammen die zusammengehören.

Der Rat des Arztes bedurfte keiner Übersetzung, obwohl dann eine Dolmetscherin zur Verfügung stand: Dableiben war das Wort der Stunde. Da wir das so erahnt hatten, war der Rucksack entsprechend gepackt (einschließlich der Police für die Auslandskrankenversicherung). Es ging ab auf das Zimmer 218, ein kleines Zweibettzimmer, das noch leer war. Ich hatte mich mit Hilfe von Andrea gerade eingerichtet, da kam ein zweiter Patient hinzu. Es war ein Engländer. Später stellte es sich heraus, dass er 72 Jahre alt war und das man ihm 6 Stents gesetzt hatte. Er war schon ein paar Tage in der Klinik. Zunächst meinte ich, er sei ein Mann aus einfachen Verhältnissen, aber dieser Eindruck änderte sich. Er war „very british, indeed“ und wohnte in Yorkshire direkt am Meer. Wir unterhielten uns so gut wie es mein Englisch zuließ. So verkürzten wir uns die Zeit, vielleicht auf oberflächlichem Unterhaltungsniveau (sprachbedingt), aber zur beiderseitigen Zufriedenheit.

Zwischendurch gab es immer wieder Kontakte zur Krankenhausverwaltung, die ihrerseits Kontakt zur Versicherung gesucht hatte. Auch die Versicherung meldete sich schnell telefonisch, dank der Bemühungen des Krankenhauses. Alle vermittelten mir das gefühlt, dass ich mich mit den Formalien nicht zu befassen brauche. Wen es interessiert, den Namen der Versicherung, die ich nur weiterempfehlen kann, nenne ich gerne.

Für den nächsten Morgen war der Besuch eines Facharztes angesagt, der die Entscheidung zwischen gipsen und operieren treffen sollte. Wie man das, was ich gesehenen hatte, gipsen wollte, war mir schleierhaft. Er kam dann auch recht früh. Sein Äußeres verleitete mich zu dem Gedanken, seine Vorfahren kommen aus den Anden. Er mag es mir nachsehen. Aber warum eigentlich: Dort hatte man schon zu einem Zeitpunkt medizinische (und andere) Kenntnisse, als man in Europa noch hinter dem Mond lebte. Seine Entscheidung war schnell getroffen und vermittelt. Er riet dringend zur Operation. Der Brite hatte natürlich zugehört und versuchte mir Mut zu machen. Aber das war nicht nötig. Meistens kann ich mich gut schnelle Entscheidungen treffen, auch wenn ich gelegentlich etwas zögerlich wirken mag. Ich unterschrieb die nötigen Papiere und in knapp einer Stunde sollte es losgehen. Daher hatte ich noch die Möglichkeit, Andrea kurz zu informiere. Sie war vor dem Ergebnis nicht überrascht und wollte mich sofort auf den Weg machen, um mich zu empfangen, wenn ich wieder wach wurde. Ach ja, und zwischendurch musste sie einen Ausflug nach la Gomera stornieren, den wir tags zuvor gebucht hatten. Das klappte. Wir werden den Ausflug nachholen.

Im OP-Bereich erwartete mich der Narkosearzt, der die Narkose routiniert einleitete. Alles andere verlief dann, wie ich es von meiner letzten OP her kannte. Ich war schnell weg und nach meinem Gefühl auch schnell wieder da, obwohl man bestimmt eine Stunde an mir gearbeitet hat. Gemerkt habe ich nichts, vielleicht in der Aufwachphase ein wenig geträumt. Schmerzen hatte ich anschließend kaum. Als man mich dann auf das Zimmer fuhr, erwartete mich Andrea. Der Brite war schon weg, ließ mich aber herzlich grüßen.

Den Rest des Tages verbrachte ich im Wesentlichen im Bett, zunächst in einer Art Dämmerzustand. Es gab eine Kleinigkeit zu essen und eine Flasche Wasser zu trinken. Das Personal drängte mich intensiv, doch Pippi zu machen. Sie wussten wohl warum, ich aber leider nicht. Da werde ich mich mal schlau machen.

Zwischenzeitlich war das Nachbarbett wieder belegt worden, mit einem Finnen, der Asthmaprobleme hatte. Er war erst still und zurückhaltend, taute dann aber aus. Die Unterhaltung war schwierig, weil er noch weniger englisch sprach als ich. Er telefonierte häufiger mit seiner frau. Dabei glaube ich ihre Vornamen herausgehört zu haben. Es klang wie Nonni (sie) und Manni (er) oder so ähnlich. Später erfuhr ich, dass er 62 Jahre alt war und in Nordfinnland, in Ouso (oder so ähnlich) lebt. Ich werde den richtigen Ortsnamen mal nachschlage. Das Finnische ist für Außenstehende eine seltsame Sprache, sie kennt wohl keine harte laute. Das ist sehr seltsam anzuhören.

Die Behandlung, die man uns angedeihen ließ, war intensiv, ging bis spät in die Nacht hinein. Die Verständigung mit dem Personal war nicht immer einfach, einige sprachen Englisch, einige ein wenig Deutsch, und einige nur Spanisch. Und auf die traf man immer, wenn man etwas wollte. Aber sie waren alle willig und bemüht. Ich erinnere mich an ein Erlebnis mit einem jungen Spanier, der nur seine Muttersprache beherrschte. Ich wollte ein Antibiotikum in Tablettenform einfordern, die der Arzt mir verabreichen wollte, weil eine Infusion danebengegangen war. Er rief einfach jemanden an, der Deutsch sprach, es war eine Frau. Die sagte zu mir, ich kläre das. Und irgendwann kam der junge Mann strahlend zu mir und setzte die Therapie fort (in Form von weiteren Infusionen). Ich glaube aber mittlerweile, dass hätte auch ohne mein Nachfragen geklappt, aber ich wollte auch nichts anbrennen lassen.

Ja, es ist schon seltsam, dass man sich auf sehr niedrigem Niveau doch verständigen kann. Irgendwie ging es, war einerseits anstrengend, andererseits aber auch interessant. Aber ich bin froh, dass Sprachengewirr hinter mir zu haben.

Ab jetzt gilt plan B. Das hätte ich mir bei der Anreise nicht träumen lassen. Der Tag beginnt mit einer Heparinspritze und einer ganz starken Paracetamol. Wir erkunden jetzt die Insel im Autobus der Reisegesellschaft und nicht mit dem Mietwagen und Puerto de la Cruz mit dem Taxi und nicht zu Fuß oder mit dem Linienbus. Ich hoffe jedoch, dass wir noch ein paar schöne Eindrücke auf Facebook veröffentlichen können. Wir werden es auf jeden Fall langsamer gehen lassen.

Zwei Wünsche habe ich, nämlich, dass es keinen Rückfall durch eine Infektion gibt, und dass ich vielleicht den Briten und den Finnen in der Stadt noch einmal wiedertreffe.

Übrigens, Andrea übt sich jetzt in der Rolle einer Altenpflegerin.

Wenn ich nach Hause komme, brauche ich einen guten Krankengymnasten und einen guten Chirurgen. Vielleicht kann mir bei der Suche nach dem letzten Ralf Bartmann helfen.

Euer Jürgen

Liebe Grüße auch von Andrea.

P.S: dieser Bericht war Schwerstarbeit mit einem Finger, mit Unterstützung der Fehlerkorrektur von Word.

25. Januar 2014

Es geht aufwärts. Die Schlinge, die den linken Arm trägt, beherrscht uns nicht mehr, sondern wir beherrschen sie (immer besser). Heute trage ich zum ersten Mal ein T-Shirt richtig. Der Prozess des Anziehens ist mühsam, aber das Ergebnis lohnt sich.

28. Januar 2014

Wir kommen gerade von der Nachuntersuchung. Jetzt habe ich den Schaden, der entstanden ist, erst richtig verstanden. Aber erklären kann ich es an dieser Stelle nicht. Die Wunde verheilt gut. Außerdem habe ich jetzt auch das wichtige Fit to fly-Dokument in den Händen. Wir fliegen also am Donnertag planmäßig nach Hause.

5 Februar 2014

Heute war die Untersuchung und Besprechung im EK Unna. Durch Zufall geriet ich an den Chefarzt der Unfallchirurgie, Dr. Hagen Zeller. Er zeigte sich von einer sehr menschlichen und vertrauenswürdigen Seite. Und kompetent dürfte er auch sein. Die CT zeigte mehrere Brüche im Oberarmknochenkopf und war damit aussagefähiger als jede Röntgenaufnahme. Ohne Titanplatte und Schrauben komme ich nicht aus. Die Maßnahme der Spanier, eine Umschlingung des abgebrochenen Knochens, ist zwar nicht unüblich, war aber eine Nummer zu klein angesetzt. Am kommenden Freitag laufen ambulant die notwendigen Voruntersuchungen. Am Montag, dem 10. Februar, soll ich um 7 Uhr nüchtern im Krankenhaus zur OP antreten. Ich bin optimistisch.

11. Februar 2014

Gestern bin ich im EK Unna zum zweiten Mal am Oberarm operiert worden, ich hoffe, jetzt richtig. Der Chefarzt zeigte sich heute Morgen zufrieden. Ich habe mich entschieden, mich dem erst einmal anzuschließen. Die Schmerztherapie wirkt. Der Krankengymnast war heute auch schon da. Und eine Schlinge brauche ich nicht mehr. Vielleicht trage ich sie heute Nacht noch freiwillig.

Keine Fotobeschreibung verfügbar.

Jürgen Korvin

2. März 2014

Seit einigen Tagen habe ich einen eigenen Physiotherapeuten. Er heißt ARTROMOT-S3, stammt aus der Gattung der Bewegungsschienen und hilft mir, meinen lädierten Arm durch eine langsame Auf- und Abwärtsbewegungen beweglich zu machen. Vier Mal am Tag üben wir für jeweils 20 Min., den Arm abzuwinkeln. Im Krankenhaus bin ich mit 50 Grad angefangen, jetzt sind wir bei 85 Grad. Aber es geht nur noch langsam aufwärts. Der Therapeut bleibt bis zum 25. März. Bis dahin muss ich ihn fleißig in Anspruch nehmen. Ohne seine Hilfe schaffe ich es im Augenblick (geschätzte) 40 Grad. Das reicht, um den Arm im Alltag so nach und nach wiedereinzusetzen.

Ein Vorteil des ARTROMOT-S3: Ich kann beim Üben fernsehen, lesen, mit dem Tablet spielen oder auf meinem Trompetenmundstück üben. Trotzdem freue ich mich auf seinen menschlichen Nachfolger. Weniger anzeigen

Jürgen Korvin

31.03.2014

Seit einer Woche muss ich ohne den ARTROMOT auskommen. Er hat mir geholfen, aber ich konnte ihn zum Schluss nicht mehr ausstehen. Jetzt gehe ich zum menschlichen Physiotherapeuten. Außerdem habe ich mir Nordic Walking Stöcke besorgt und mich auch einweisen lassen. Meine längste Strecke war bisher 8,8 km (in gut 90 Min.). Hut ab vor unserem Lauffreund Dieter K., der 10 km manchmal unter 75 Min. schafft. Aber ich bin zufrieden damit, mich wieder zu bewegen. Die deutschen Ärzte haben übrigens handwerklich gute Arbeit abgeliefert. Eine gut 10 bis 12 cm lange Titanplatte wird durch ein knappes Dutzend ca. 3 cm langer Schrauben gehalten. Ich sage es mal so, die Spanier haben 90 % abgeliefert, die Deutschen 110 %.

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