In Bratislava
Frühstück gab es um 7:30 Uhr. Die Situation im Speisesaal war nicht grundsätzlich anders als am Abend zuvor. Dazu will ich aber jetzt nicht mehr sagen.
Das Frühstück stand als Buffet bereit. Das brachte für mich natürlich einen gewissen Zeitraum der Orientierungslosigkeit mit sich. Das wird morgen besser sein.





An dieser Stelle sei etwas zum dem Teil der Crew gesagt, der im Speisesaal für uns sorgte. Wir wurden aufmerksam, freundlich und sehr zuvorkommend bedient. Auf Wünsche reagierte man schnell. Im Team arbeitete man Hand in Hand und sprang schnell für den anderen ein, wenn es einmal eng wurde.
Um 9:30 Uhr traf sich unsere Gruppe zu einem kurzen Kennenlernen. Die verschiedenen Charaktere, die ich im Bus schon registriert habe, traten wieder zutage.
Das Wort hatte unser Reiseleiter Rüdiger Späth.
Um 10:00 Uhr gab es in der Lounge einen interessanten Vortrag zur Donau. Es referierte Josef Herrgott, der Bordreiseleiter. Er glänzte mit vielen interessanten Details. Viele davon habe ich wieder vergessen, aber es war unterhaltsam. Der Aussprache nach war er kein Deutscher. Tags zuvor hatte er sich bereits als Reiseleiter des Schiffs vorgestellt.
Um die Donau kümmert sich die Internationale Donaukommission. Das ist eine internationale Organisation mit den Donauanrainerstaaten als Mitglieder. Das Ziel ist die gemeinsame Regelung der Schifffahrt auf der Donau. Ihren Sitz hat die Donaukommission in Budapest.
Die Donau entsteht bei Donaueschingen aus den Quellflüssen Breg und Brigach. und durchquert dann unser diesem Namen weitere acht Länder: Österreich, die Slowakei, Ungarn, Kroatien, Serbien, Bulgarien, Rumänien, berührt als Grenzfluss die Ukraine sowie auf nur 570 m Moldawien. Mit 2.860 km ist die Donau nach der Wolga der zweitlängste Strom Europas. Ab Ulm ist sie für kleinere, ab Kehlheim für größere Schiffe befahrbar. Seit der Fertigstellung des Main-Donau-Kanals im Jahre 1992 entstand eine ca. 3.500 km lange Großwasserstraße von der Nordsee bis zum Schwarzen Meer.
Aber zurück zu unserer Reise.
Das Donauufer präsentierte sich jetzt anders. Berge waren nicht mehr zu sehen, aber viel Grün. Anders als beispielsweise am Rhein waren kaum Industrieanlagen zu Sehen. Frachtschiffe habe ich bisher auch noch nicht beobachtet, nur einige Passagierschiffe wie das unsrige. Eines davon fährt wohl bis zur Mündung der Donau ins Schwarze Meer. Erst ab Wien kamen Frachtschiffe ins Blickfeld.







Apropos Wien: Die Vorbeifahrt an Wien-Nussdorf habe ich verpasst, weil ich gerade an diesem Text arbeitete. In Wien-Nussdorf werden wir am Montag an Land gehen, wenn die Besichtigung von Wien ansteht.










Gegen 15 Uhr erreichte unser Schiff Bratislava. „Geparkt“ wurde es in der zweiten Reihe, denn der touristische Andrang auf diese Stadt war groß.
Die eine knappe halbe Million zählende Stadt ist eine bedeutende Messe- und Industriestadt. In der Zeit der Donaumonarchie hieß die Stadt Pressburg.
Auf dem Programm stand eine Stadtbesichtigung per Bus und zu Fuß. Den Bus-Part habe ich mitgemacht, den Rest nicht. Den habe ich Beate und Andrea überlassen.
Bratislava – Blicke vom Schiff und aus dem Bus







Bratislava, die Stadt, die beidseits der Donau liegt, ist die Hauptstadt der jungen slowakischen Republik. Es ist die größte Stadt des Landes. Sie liegt im äußersten Süden des Landes und grenzt an Österreich und Ungarn. In unserem Sprachgebrauch würde man von einem Dreiländereck sprechen.
Bis Wien sind es gerade mal 60 Kilometer. Das sei der geringste Abstand zwischen zwei Hauptstädten, zumindest in Europa, erfuhren wir später. Weltweit liegt man damit aus Platt 2. Kinshasa (Hauptstadt der Demokratischen Republik Kongo) und Brazzaville (Hauptstadt der Republik Kongo) sind durch den Kongo-Fluss getrennt. Die kürzeste Entfernung zwischen diesen beiden Hauptstädten beträgt nur 5 km Luftlinie und rund 12 km Fahrtstrecke.
Die Region rund um Bratislava wurde seit alters her besiedelt, was wohl der fruchtbaren Lage am Donauufer zu verdanken ist. Kelten, Römer, Germanen, Slawen – alle haben hier ihre Spuren hinterlassen.
Vom Burghügel hatte man einen guten Überblick auf die Stadt und die Umgebung.




Die Burg von Bratislava ist das Wahrzeichen der Stadt. Sie liegt westlich der Altstadt auf einem Felsen – 85 Meter hoch über der Donau. Die Ursprünge gehen auf das 10. Jahrhundert zurück und sie wurde im Laufe der Zeit immer wieder verändert. Durch ein Feuer im Jahre 1811 wurde die damalige Burg vernichtet. Erst von 1953-1968 wurde sie wieder restauriert und sie erhielt ihr damaliges Erscheinungsbild wieder. Heute dient sie zu repräsentativen Zwecken des slowakischen Parlaments sowie als Museum.
Das Parlament liegt in ihrer unmittelbaren Nähe.









Die Altstadt Bratislavas – Staré Mesto – umfasst den historischen Stadtkern sowie die angrenzenden Viertel. Hier befinden sich die meisten Sehenswürdigkeiten der Stadt, wie beispielsweise das aus drei Gebäuden bestehende Alte Rathaus am Hauptplatz aus dem 14./15. Jahrhundert, das Michaelertdor – eines von ursprünglich vier Stadttoren oder den St. Martinsdom. Das ist die größte, älteste und großartigste der Bratislaver Kirchen und stammt aus dem 14. Jahrhundert. In den Jahren 1563 bis 1830 war sie die Krönungskirche.
Mangels eigener Bilder habe ich die beiden folgenden Bildergalerien aus Wikipedia-Bildern zusammengestellt. Die Bildrechte habe ich am Ende dieser Seite dokumentiert.
















Das Slowakische Nationaltheater aus dem Jahre 1920 ist das älteste Theater der Slowakei. Gegründet wurde es am 01.03.1920 nach der Unabhängigkeit der damaligen Tschechoslowakei. Es befindet sich im alten Gebäude des damaligen Stadttheaters am Hviezdoslav-Platz, gelegen am östlichen Ende der Altstadt in unmittelbarer Nähe zur Donau. Dieses Gebäude ist denkmalgeschützt. Entworfen wurde es von Wiener Architekten. Hier finden seitdem Schauspiele, Opern als auch Ballettaufführungen statt. Seit 2007 gibt es zudem ein neues, modernes Gebäude, das über sieben Stockwerke mit drei Hauptsälen verfügt.
Inmitten der Altstadt von Bratislava befindet sich eine ganz besondere Sehenswürdigkeit – am Boden. Der putzige „Man at work“ – oder auch „Kanalgucker“ genannt. Dieses Denkmal wurde den Kanalbauerarbeitern gewidmet. Der „Man at work“ in der Fußgängerzone ist eines der beliebtesten Fotomotive Bratislavas.
Das Grassalkovich Palais gehört zu den Prachtbauten Bratislavas. Im 18. Jahrhundert wurde der Palast als Sommersitz von Graf Anton Grassalkovich im Rokoko bzw. späten Barockstil erbaut. Zu jener Zeit war er das Zentrum des gesellschaftlichen Lebens der Stadt. Hier wurden auch Werke des Komponisten Joseph Haydn aufgeführt und Maria Theresia war zu Gast. Nach umfangreichen Renovierungsmaßnahmen ist das Palais heute der Sitz des Präsidenten.
Andrea und Beate kamen ganz begeistert von der Altstadtführung zurück. Ich war ein klein wenig neidisch. Aber was nicht geht, geht nicht, im wahrsten Sinne des Wortes.
In Bratislava stieß ich auf einen Hinweis auf Matthias Corvinus, König von Ungarn. Auf seinen Wunsch wurde 1465 wurde hier die Universitas Istropolitana gegründet, die aber schon 1490 wieder geschlossen wurde.
Er war mir natürlich bis dahin kein Unbekannter gewesen. Sein Beiname Corvinus leitet sich ab von lat. corvus, „der Rabe“ und hat seinen Ursprung in dem Familienwappen seines Geschlechts Hunyadi, das einen Raben zeigt. In Ungarn wird er heute noch Mátyás, az igazságos („Matthias, der Gerechte“) genannt. Es gibt einen interessanten Wikipedia-Artikel über ihn.
Übrigens, mein Vater Christian wurde 1913 in Ungarn geboren, gehört aber eindeutig zu einer der deutschsprachigen Minderheiten in Ungarn. Sein Geburtsort heißt Bonyhad und liegt im Süden Ungarns nahe der Grenze zu Serbien und Kroatien. Noch heute gehören 15 Prozent der Einwohner dieser Kleinstadt zur Volksgruppe der Ungarndeutschen.
Beim Abendessen bestätigte sich eine Beobachtung, die ich nach und nach gemacht habe. Das professionelle Serviceteam arbeitete nicht immer nach dem gleichen Schema. Im Wechsel arbeitete man den Speisesaal im Uhrzeigersinn und gegen den Uhrzeigersinn ab. Keiner der Gäste hatte die Chance, sich darüber zu beschweren, dass er immer als letzter bedient würde. Hin und wieder tauchten Autoritätspersonen im Speisesaal auf, mit blauer Jacke und vier Streifen oder mit blauer Jacke und zwei Streifen. Auch das hatte Methode. Sie halfen beim Servieren mit und suchten den Kontakt zu den Gästen.
Der Mann mit der Jacke mit den vier Streifen war Jon, der Hotelmanager. Ich nehme mal an, dass er letztendlich an Bord das Sagen hatte. Er strahlte Ruhe und Gelassenheit aus.
Abendstimmung auf dem Weg Richtung Budapest





Nach Bratislava verblassen die Donauschiffe für eine lange Strecke den Hauptstrom, um sich auf den bis zu 700 m breiten slowakischen Gabcikovo-Kanal zu begeben. Das Ganze hat den Charakter eines Sees. Das Wasser staut sich am Wasserkraftwerk Gabcikovo, das etwa ein Zehntel des Strombedarfs der Slowakei abdeckt.
Gegen 21:30 Uhr erfolge die Passage der Schleuse Gabcikovo. Hier wurden wir etwa 22 Meter nach unten geschleust. Die beiden Schleusenkammern sind 275 Meter lang und 34 Meter breit. Die Schleuse ist die zweithöchste an der Donau













Das imposante Donauknie haben wir sowohl auf der Hin- als auch auf der Rückfahrt in der Dunkelheit passiert. Dort, genau in Visegrad, finden sich Reste eines Palastes von Matthias Corvinus.
Bildrechte zu den Altstadt-Bildergalerien
- Palacio Grassalkovich
Von Diego Delso, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=94683113 - Altes Rathaus am Hauptplatz
Von Gryffindor – Eigenes Werk, CC BY 2.5, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=1395876 - Martinsdom
von J_Makk – St. Martin’s Cathedral, CC BY-SA 2.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=5194746 - Michaelertor
Von Martin Proehl – Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=549125 - Primatialpalais
on Diego Delso, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=94683138 - Erzbischöfliches Sommerpalais
Von © Mosbatho, CC BY 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=94468761 - Hauptplatz – Panoramabild
Von Neil Aitkenhead, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=54199763 - Blick am Primatialplatz Richtung Hauptplatz, links das Primatialpalais, mittig das Alte Rathaus, rechts das Neue Rathaus
Von Romulus TRA in der Wikipedia auf Ungarisch – Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=25548487 - Hviezdoslav-Platz
Von Jorge Láscar from Australia – Hviezdoslavovo námestie, CC BY 2.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=31948024 - Fischplatrz, mit dem Turm des Martinsdoms im Hintergrund
Von Lure – Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=32545285 - Andreasfriedhof
Von Lure – Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=22815233 - Altstadtgasse I
Von Luboš Holič, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=58631323 - Altstadtgasse II
Von Pe-Jo – Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=33351723 - Run-Down Building
Von xlibber – More Dilapidation, CC BY 2.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=25742078